Reifen für Landwirtschaftsmaschinen: Biss, Grip und Kontakt
Die Reifen sind an jedem Fahrzeug die Kontaktstelle zwischen Maschine und Straße. Bei Autos gewährleisten sie vor allem die sichere Straßenlage bei allen Geschwindigkeiten. Traktoren fahren wesentlich langsamer, benötigen aber vor allem abseits der Straße einen maximalen Grip. Dies erreichen Traktorreifen durch zahlreiche besondere Features, die sie für den jahrelangen Einsatz bei jedem Wetter tauglich machen. Die Industrie stellt mittlerweile eine große Bandbreite an Reifen her, welche die speziellen Anforderungen an die Landwirtschaft erfüllen können.
Trotz des dicken Profils ist die Lebensdauer von Traktorreifen begrenzt. Wie bei Straßenreifen auch, leiden Traktorreifen durch wechselnde Temperaturen und Bestrahlung durch UV-haltiges Sonnenlicht an einem Schwund des Weichmachers. Dies führt zur Versprödung des Gummis, wodurch früher oder später Risse entstehen. Als Höchstalter wird auch bei Traktorreifen maximal acht Jahre empfohlen.
Komponenten eines Reifens
Landwirtschaftlich genutzte Reifen unterscheiden sich technisch in einem Punkt wesentlich von den PKW-Reifen: In der Landwirtschaft ist der Einsatz von Schläuchen noch üblich. Die hohen Belastungen der Räder können bei Schleppern sehr unregelmäßig ausfallen. Ein Schlauchloser Reifen würde bei einer Punktbelastung schnell an Luft verlieren. Außerdem ist ein Reifen mit Schlauch einer äußeren Perforation gegenüber wesentlich unempfindlicher. Die Bestandteile eines Reifens sind:
- Decke aus Gummi
- Karkasse
- Profil
Das Gummi des Reifens dichtet ihn ab und schützt die Edelstahl-Karkasse gegen den Angriff von Feuchtigkeit. Es besteht aus einem Kautschuk-Ruß-Gemisch. Die Weichheit des Gummis an Traktorreifen ist je nach Hersteller sehr unterschiedlich. Je härter ein Reifen ist, desto abriebfester ist er auch. Das erhöht bei intensivem Gebrauch seine Lebensdauer. Auf hartem Untergrund verschlechtert ein harter Gummi aber die Straßenlage erheblich. Dies ist bei Traktoren nicht allzu relevant, kann aber, je nach Anwendung, entscheidend sein.
Die Karkasse ist ein inneres Geflecht aus Stahldrähten. Sie sorgt für die innere Stabilität des Reifens. Landwirtschaftlich genutzte Reifen haben ein besonders starkes Stahlgeflecht, da sie permanent hohe Druck- und Scherkräfte aufnehmen müssen. Im Gegensatz zu den gleichmäßig radial belasteten Straßenreifen wirken die Kräfte an einem Traktorreifen wesentlich chaotischer. Dies muss die Stahlkarkasse abfangen können.
Das Profil des Reifens entscheidet über seinen Grip, die Traktion und den Rollwiderstand. Letzterer ist bei Reifen für landwirtschaftliche Geräte weniger von Bedeutung. Hier ist es vor allem die Geländegängigkeit, welche einen Traktorreifen verwendbar macht. Deshalb haben diese Pneus sehr stark ausgeprägte, mehrere Zentimeter starke Stollen. Bei Traktorreifen hat sich dieses typisch V-förmige Muster etabliert, wie sie an fast allen Reifen dieser Art zu finden ist. Die starke Profilierung durch die dicken Stollen hat eine hohe Hebelwirkung, mit der sich ein Schlepper vom Untergrund abstoßen kann. Die V-förmige Anordnung hat zudem einen höchst willkommenen Nebeneffekt: Anhaftender Lehm wird permanent nach außen heraus gedrückt. Die "Selbstreinigung" ist deshalb eine weitere, wichtige Eigenschaft, die von einem Reifen für die Landwirtschaft erwartet wird
Besonderheiten der Bereifung landwirtschaftlicher Fahrzeuge
In der Landwirtschaft, wozu auch die Forstwirtschaft zählt, gibt es nicht nur Traktoren. Tatsächlich gibt es eine Vielzahl verschiedener Fahrzeuge, die unterschiedlichen Einsatzzwecken dienen. Diese erfordern stets eine angepasste Bereifung:
- Traktoren: Universal-Maschinen für alle Arbeiten in der Land- und Forstwirtschaft. Die Bereifung muss auf unterschiedliche Bedingungen passen: Acker, Feldwege, Straßen, Schnee und Waldwege müssen gleichermaßen befahrbar sein. Erreicht werden diese Kompromisse unter anderem durch die unterschiedlichen Radgrößen an Traktoren. Bei Schleppern mit Hinterrad-Antrieb kann für die Vorderräder ein weniger starkes Profil verwendet werden. Dies ist dann beim Straßenbetrieb vorteilhafter.
- Forstmaschinen: Rückezüge, Forstbagger und ähnliche für Waldarbeiten ausgelegte Maschinen müssen sich vor allem im Wald gut bewegen können. Neben einer hohen Geländegängigkeit ist eine möglichst geringe Bodenverdichtung bzw. Verletzung des Oberbodens eine Kernforderung an die Bereifung. Dies wird durch möglichst breite Niederdruck-Reifen erreicht. Je größer die Auflagefläche ist, desto geringer ist die Punktspannung. Sie haben deshalb auch wesentlich dichter zusammen liegende Stollen. Für die Straße sind diese Reifen ungeeignet
- Obst- und Weinbautraktoren: Diese Kleinschlepper müssen wie die Universaltraktoren mit jedem Untergrund zurecht kommen. Gleichzeitig dürfen sie den Oberboden aber nicht verletzen. Da Obst- und Weinbautraktoren aber recht leicht sind, genügt bei dieser Anforderung eine entsprechend kleinere aber ansonsten normale Traktor-Bereifung.
- Anhänger: Transportanhänger und Anhänger-Landmaschinen haben keinen eignen Antrieb. Die Bereifung ist vor allem für das Halten der Spur wichtig. Damit sie während der Fahrt über den Acker oder durchs freie Gelände nicht seitlich wegrutschen, haben sie ebenfalls eine starke Profilierung. Sie können aber wesentlich kleiner ausfallen, als Traktorreifen.
- Feldspritzen und Vollernter: Feldspritzen sind landwirtschaftliche Maschinen die während der Wachstumsphase der Feldpflanzen zum Einsatz kommen. In dieser Phase ist der Acker besonders empfindlich. Die Bereifung ist bei Feldspritzen deshalb so schmal wie möglich ausgelegt, damit die Fahrzeuge immer exakt zwischen den Pflanzen fahren können. Die Vollernter, wie sie im Weinbau eingesetzt werden, müssen zudem die hohen Rebstöcke überwinden können. Dazu sind besonders große Reifendurchmesser notwendig.
- Bodenbearbeitungsgeräte: Für große Pflüge oder Eggen ist eine zusätzliche Stützbereifung notwendig. Diese dient im Wesentlichen nur dazu, ein Durchbiegen im Rahmen des Gerätes zu verhindern. Die Räder laufen während des Einsatzes einfach mit. Sie sind breit genug ausgelegt, um sich nicht in den Boden zu graben. Eine starke Profilierung verhindert das Wegrutschen. Darüber hinaus haben die Stützräder für Bodenbearbeitung aber keine Funktion.
Hersteller von Reifen
Für PKW gibt es eine enorm große Anzahl an Reifenherstellern. Bei den Reifen für landwirtschaftliche Fahrzeuge ist die Auswahl deutlich geringer. Bekannte Hersteller für Traktorreifen und ähnliches sind:
- Bridgestone: Reifen aller Art
- Kleber: Reifen aller Art
- Mitas: Reifen für Traktoren, Bagger, Motorräder und Fahrräder
- Taurus: Preiswerte Reifen aller Art aus Tschechien
- ATG: Reifen für Land- und Bauwirtschaft, Forstwirtschaft, Offroad und Flotation (breite Niederdruckreifen)
- BF Goodrich : Offroad Reifen aller Art
- Trelleborg: Forstbereifung-Spezialist aus Schweden
- Nokian: Offroad-Bereifung-Spezialist aus Finnland
- Continental: Größter Reifenhersteller Deutschlands
Den passenden Reifen finden
Um bei der Auswahl der Bereifung für die Landmaschine das passende zu finden, muss auf zwei Werte geachtet werden:
- Tragfähigkeitsindex LI ("Load Index")
- Geschwindigkeitsindex
Der Tragfähigkeitsindex gibt an, wie hoch der Reifen belastet werden darf. Die Last gilt immer als zulässige Höchstlast pro Reifen. Um die Last genau ermitteln zu können, darf nicht das Gesamtgewicht der Maschine betrachtet werden, sondern die zulässige Achslast. Diese wird durch zwei geteilt. Das Ergebnis gibt an, wie hoch der Reifen belastet werden darf. Die zulässige Last wird mit einer dreistelligen (bei PKW und Motorrädern zweistellig) Zahl angegeben. Die Höchstlast von einer bis 16 Tonnen wird mit der fortlaufenden Nummerierung von 108 - 204 dargestellt. Von 1-5 Tonnen ist die Skalierung in Schritten zu 25 kg. Ab fünf Tonnen ist die Skalierung in Schritten von 50 kg.
Der Geschwindigkeitsindex gibt an, wie schnell mit einem Reifen gefahren werden darf. Traktoren dürfen gesetzlich nicht schneller als 50 km/h fahren. Auf Feldwegen ist theoretisch jedoch eine höhere Geschwindigkeit erlaubt. Moderne Traktoren ermöglichen heute schon Geschwindigkeiten bis 65 km/h. Hier ist auf die Klassifizierung der Reifen zu achten: Für 50 km/h Höchstgeschwindigkeit ist der Kennbuchstaben "B" , für 65 km/h der Kennbuchstaben "D" vereinbart.
Gebrauchte Reifen kaufen
Die hoch belasteten Reifen von Landmaschinen sind ein echter Kostenfaktor bei deren Unterhalt. Ein kompletter Satz Reifen kostet schnell mehrere Tausend, bei schweren Landmaschinen auch über Zehntausend Euro. Deshalb sind gebrauchte Reifen für Traktoren eine gerne genutzte Alternative. Im Gegensatz zu PKW- oder LKW-Reifen braucht man bei gebrauchten Traktorreifen keine Platzer zu erwarten. Dies ist einer der Vorteile der separaten Luftschläuche, mit denen neue und gebrauchte Traktorreifen bis heute standardmäßig ausgestattet sind. Dennoch gilt auch für Traktorreifen das empfohlene Höchstalter von acht Jahren. Darüber hinaus verspröden die Reifen zusehends, was zu Brüchen in der Karkasse führen kann. Daneben sind Profiltiefe und allgemeiner Zustand darüber entscheidend, ob ein gebrauchter Traktorreifen noch einsatzfähig ist.
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