Rückezug: Spezialist für den Schlagholztransport
Ein Rückezug ist ein Spezialgerät, das zum Abtransport frisch geschlagener und entasteter Baumstämme verwendet wird. Er ist aus der Kombination konventioneller LKW mit Anbaukran entstanden. Im Laufe der technischen Entwicklung hat der Rückezug entwickelt, der neben einer hohen Effizienz auch schonend für den Waldboden ist.
Der Rückezug bildet dabei das Bindeglied zwischen Schlagstelle und asphaltierter Straße. Er wird vorwiegend auf Waldwegen und anderem unwegsamen Gelände eingesetzt. Der Rückezug kann zwar auch über eine normale Straße fahren. Üblicherweise wird er von den Herstellern auch mit einer Straßenzulassung ausgeliefert. Auf asphaltierten Straßen ist jedoch der Verschleiß an seiner teuren Bereifung sehr hoch. Darum ist die Aufgabe des Rückezugs vorwiegend der Pendelbetrieb zwischen der Schlagstelle und dem Umladeplatz in Straßennähe. Eine andere Bezeichnung für den Rückezug ist der "Forwarder" oder "Tragrückenschlepper".
Gründe für die Enwicklung des Rückezugs
Zu Beginn der industriellen Holzernte wurden noch konventionelle Universal-Maschinen wie Kettebagger und handelsübliche LKW eingesetzt. Bald stellte sich aber heraus, dass die LKW mit den morastigen Waldwegen nicht gut zurecht kamen und häufig stecken geblieben sind. Eine Zeitlang behalfen sich die Unternehmen und Kombinate mit Traktoren. Sie wurden mit Kettengehängen ausgestattet, mit denen sie die Holzstämme hinter sich her ziehen konnten. Diese Lösung war jedoch aus verschiedenen Gründen ebenfalls unpraktisch:
- Geringe Ladekapazität
- Langsame Transportgeschwindigkeit
- Hohe Beschädigungen an den Waldwegen
Mehr als zwei bis drei Stämme konnten so auch von den leistungsstärksten Traktoren nicht gleichzeitig geschleppt werden. Die Der hohe Reibwiderstand der Stämme und ihre schlechte Manövrierbarkeit machten das Rangieren entlang der Waldwege zu einer großen Herausforderung. Schließlich war die übliche Traktorbereifung für die morastigen Waldwege immer noch zu schmal. Extrem tiefe Furchen waren die Folge, welche durch Regen und Überschleppen mit Baumstämmen immer weiter erodierten. In Summe stellte man international bereits in den 1950ern fest, dass Bau- und Agrarfahrzeuge für diese Arbeit nicht optimal waren.
Technologische Besonderheiten des Rückezugs
Ein Rückezug ist heute ein echter Spezial-Transporter mit einigen technischen Besonderheiten:
- Breite Ballonbereifung
- Knicklenkung
- Mehrspur-Fahrwerk
- Hochfeste,drehbare, klimatisierte Kabine
- Gefederter Fahrersitz
- Knicklenkung
- langer Radstand
- integrierter Ladekran
Die Bereifung ist technisch betrachtet eines der charakteristischsten Merkmale des Rückezugs. Die Ballonreifen sind im Vergleich zur Traktorbereifung geringer im Durchmesser. Dafür sind sie wesentlich breiter. Reifenbreiten von 100 cm sind bei diesen Spezialfahrzeugen üblich. Dies erklärt, warum für einen Rückezug nur eine Knicklenkung in Frage kommt. Eine Achsschenkel-Lenkung würde den hohen Reibkräften nicht lange standhalten. Ein weiterer Vorteil der niedrigen aber breiten Bereifung ist ihre Variabilität: Durch den Einsatz sogenannter "Bogie-Bänder" kann der Rückezug schnell mit einem kettenspur-ähnlichem Fahrwerk ausgestattet werden. Damit steigt seine Geländegängigkeit weiterhin und der Anpressdruck auf den Boden wird zusätzlich verringert.
Hoch flexible Fahrwerke, die eine solche Umschaltung zulassen, müssen daher hydraulisch angetrieben werden. Da der Arbeitsplatz eines Rückezugs jedoch die tiefe Natur ist, können Rückezüge nur mit biologisch abbaubaren Hydrauliköl befüllt werden.
Die ersten Rückezüge hatten tatsächlich nur zwei Achsen. Diese Mindestanzahl wird heute jedoch kaum noch eingesetzt. Üblich sind heute drei und vier Achsen. Wird der Rückezug mit einem zusätzlichen Anhänger ausgestattet, kann dieser ebenfalls mehrere angetrieben Achsen besitzen.
Ein Nachteil von schweren Unterwagen mit Knick- oder Spurlenkung ist die mangelhafte Federung. Aufgrund der Massivität der Maschinen und der niederkomplexen Lenkmechanik ist eine aufwändige Federung im Fahrwerk kaum umsetzbar. Deshalb wird ein Rückezug heute mit einer Komfort-Kabine inklusive stark gefedertem Fahrersitz ausgestattet. Dies ermöglicht erst eine mehrstündige Arbeit mit diesen Geräten. Aufgrund des gefährlichen Arbeitsumfelds sind die Kabinen zusätzlich mit extrem robusten Käfigen ausgestattet. Kollisionen mit Baumstämmen oder Umstürze der Maschine sind daher heute für den Fahrer weitaus ungefährlicher als es früher der Fall war.
Der lange Radstand ist dem Transportgut geschuldet: Je länger der Baumstamm ist, desto länger muss auch das Transportfahrzeug sein. Rückezüge zeigen in diesem Punkt eine besondere Variabilität. Außerdem ermöglicht der lange Radstand mit mehreren, angetriebenen Achsen eine extreme Geländegängigkeit. Steigungen von 100% sind bei einem modernen Rückezug heute absolut üblich.
Der hydraulisch betätigte, integrierte Ladegran mit Stamm-Greifer gehört zur Grundausstattung von einem Rückezug. Die heute verfügbaren Maschinen können auch mächtige Stämme präzise greifen, aufladen und am Umladeplatz wieder abladen. Besoders bei der Ladetätigkeit macht sich die drehbare Kabine sehr bezahlt. Sie ist mit der Bewegung des Ladekrans synchronisiert, so dass der Bediener die Last stets im Blick hat. Dieses Feature ist jedoch noch nicht lange verfügbar.
Rückezug gebraucht kaufen
Bei Rückezügen ist der Markt etwas uneinheitlich. Einerseits gibt es Unternehmen, die sich ausschließlich auf die Spezialfahrzeuge der Forsttechnik fokussiert haben. Andererseits erweitern auch die großen Hersteller von landwirtschaftlichen Arbeitsfahrzeugen zunehmend ihr Produktprogramm um diese Sparte. Bei beiden bestehen zwar große Teile des Fahrzeugs aus Zukaufteilen aus der Großserie, wie beispielsweise die Motoren. Jedoch macht die Auslegung auf das spezielle Terrain, die geringe Stückzahl und die hohen Anforderungen einen Rückezug stets zu einem echten Investitionsgut. In den skandinavischen Ländern werden diese Fahrzeuge deshalb durchaus im Sieben-Tage-Dreischichtbetrieb eingesetzt. Diese Dauerbelastung ist nur möglich, wenn die Herstellerqualität entsprechend ist. Das treibt die Preise auch für einen gebrauchten Rückezug grundsätzlich nach oben. Ein gebrauchter Rückezug bietet aber aufgrund seiner Modularität gewisse Vorteile: Da kritische Komponenten wie Motor, Hydraulik-Module, Ladekran oder Kabine meist der Großserie entommen werden, halten sich in diesen Bereichen die Reparaturkosten im Rahmen. Schwierig wird lediglich die Ersatzteilversorgung bei einem älteren, gebrauchten Rückezug, der an einer exklusiven Stelle beschädigt ist. Aufgrund der enormen Robustheit der Maschinen ist dies aber selten der Fall.
Eine irreparable Beschädigung sieht man einem gebrauchten Rückezug deshalb meist bereits vor dem Kauf an: Rahmenschäden, Durchrostungen und ähnliche massive Beschädigungen der Substanz machen einen gebrauchten Rückezug nur noch als Teileträger tauglich. Solange diese Substanz aber noch im akzeptablen Rahmen ist, kann mit entsprechendem Know-How ein gebrauchter Rückezug in der Regel aber wieder in Arbeit gebracht werden.
Einsatzbereite Fahrzeuge beginnen preislich bei knapp über 30.000 Euro. Diese befinden sich dann zwar durchaus in einem betriebsfähigen Zustand. Jedoch stammt ein gebrauchter Rückezug in dieser Preisklasse meist aus der ersten Hälfte der 90er Jahre. Hier ergibt sich ein anderes Problem, auf das man beim Kauf eines gebrauchten Rückezugs unbedingt achten muss:
War der gebrauchte Rückezug dieses Alters vorher niemals in der EU im Einsatz, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Problemen mit der Zulassungsfähigkeit geben. In Europa ist für Erstzulassungen heute die TIER 4 Final Einstufung verpflichtend. Ein gebrauchter Rückezug von 1990 erfüllt meist noch nicht einmal TIER 3A. War das Fahrzeug vorher in der EU im Einsatz, ist die Wiederzulassung meist problemlos möglich. Handelt es sich aber um ein Import-Fahrzeug aus dem Nicht-EU Ausland, wird der Betrieb ohne aufwändige Umrüstung der Antriebsmaschine nicht möglich sein.
Für eine realistische Preisvorstellung für einen gebrauchten Rückezug der oberen Leistungsklasse muss man jedoch einen Betrag von über 100.000 Euro akzeptieren. Dann erhält man jedoch ein voll einsatzfähiges Gerät, welches noch viele Jahre zuverlässig seine Dienste leisten kann. Auch gebraucht bleibt der Rückezug deshalb nach wie vor ein Investitionsgut, dessen ROI gut berechnet sein will. Angesichts der steigenden Anzahl von Stürmen und den folgenden Windbrüchen ist aber eine Übersättigung des Marktes für gebrauchte Rückezüge nicht absehbar.
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